Edwin Kelm

Nachruf  Dr. h.c. Edwin Kelm

Dr. h.c. Edwin Kelm verstarb im 92. Lebensjahr, am 7. April 2021, in Weissach im Tal. Geboren im Jahre 1929 in Friedenstal (Bessarabien) heute Mirnopolje/Ukraine, hat sich sein Lebenskreis im Jahre 2021 für immer geschlossen. Sein bewegtes Leben stand im Zeichen von Völkerverständigung, Liebe und Hingabe für seine Heimat Bessarabien. Voller Dankbarkeit dürfen wir auf die Hinterlassenschaften Edwin Kelms in Bessarabien schauen und in seinen Fußstapfen gehen.

In seiner Eigenschaft als Bundesvorsitzender der Bessarabiendeutschen Landsmannschaft, über mehr als zwei Jahrzehnte- und darüber hinaus bis zu seinem Tode, war seine Schaffenskraft für Bessarabien als Brückenbauer ungebremst. Heilbringend setzte sich Edwin Kelm für Bedürftige und insbesondere für Kinder ein. Er sanierte in Bessarabien Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, und widmete sich dem Kirchenbau wie in Akkerman, Albota und Sarata.

Dr. h.c. Edwin Kelm: Erbauer des Bauernmuseums Friedenstal, Bessarabien“.

Eine  bedeutende Hinterlassenschafte ist das „für alle Freunde Bessarabiens“, heutige interaktive „Dorf- und Bauernmuseum in Friedenstal“. Für diesen gelungenen Nachlass erwarb Dr. h.c. Edwin Kelm das Bauernhaus seines Großvaters um es für die Nachwelt als Museum auszubauen und zu erhalten.

Für den Wiederaufbau der ältesten im klassizistischen Stil erbauten Kirche in Sarata von 1843, erkämpfte er in den 1990er Jahren die Genehmigung für den Wiederaufbau. Mit Herzblut trieb er dieses Projekt voran. Dieses heutige Kulturdenkmal konnte er nach nur zwölf Monaten Bautätigkeit abschließen. Wie einst in alter Pracht ließ er den „Dom in der Steppe“ erstrahlen. Das Gotteshaus in Sarata ist heute für Gottesdienste der dort lebenden Bevölkerung und für alle Freunde Bessarabiens zugänglich.

Während seiner fünfzigjährigen aktiven touristischen Tätigkeit für Bessarabien, leistete Dr. h.c. Edwin Kelm unermüdliche Pionierarbeit. Seiner Person verdanken wir die touristische Erschließung Bessarabiens. Im Rahmen der Völkerverständigung führte der gebürtige Friedenstaler tausende Touristen aus der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland in ihre Heimatdörfer. Aus Altersgründen verabschiedete sich Herr Dr. h.c. Edwin Kelm im Jahre 2019 aus dem aktiven Reisegeschäft.

Inhaber des Kronenkreuzes in Gold seit 2001

Über Bessarabien hinaus bezeichnen weitere Anerkennungen, Ehrungen und Ehrenämter seinen besonderen Lebensweg. Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande 1983; Inhaber des Kronenkreuzes in Gold seit 2001; Erhalt der Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Sarata, die Verleihung des Ehrendoktortitels in Chisinau im Jahre 2001 und vieles mehr. In seinem Heimatort Möglingen engagierte sich der Verstorbene als Kommunalpolitiker und mehrfach in der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Mit einer offenen Ehrlichkeit trat er seinen Mitmenschen stets entgegen. Diese Offenheit konnte durchaus verletzend sein. Wurde er darauf hingewiesen, hatte er durchaus die Stärke sich zu entschuldigen.

Wie dieser Sonnenuntergang „Am Schwarzen Meer“, endete der Mythos Bessarabien mit „Edwin Kelm“. Freunde Bessarabiens trauern um eine außergewöhnliche Persönlichkeit und verneigen sich vor einem großen willens- und durchsetzungsstarken Bessarabier – mit Herz und Verstand.       

Möge er bei Gott in Frieden ruhen.

Bessarabienreise in das Land unserer Vorfahren

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Bessarabienreise-zu-unseren-Vorfahren

Dnjestr und Pruth

Karte, Bessarabien

Karte Bessarabien

 

Frage: Wo liegt Bessarabien? Antwort: Zwischen Pruth und Dnjestr!

Eingerahmt wie ein flatternder Wimpel, zwischen Dnjestr und Pruth.  Von der südlichen Grundlinie der Donau, unterhalb Galatz – mit ihrem Kilia Mündungsarm und dem Liman-Ufer des Schwarzen Meeres, erstreckt sich die Landesgrenze Bessarabiens.  https://www.bessarabien.blog/geschichte

Im früheren und späteren Mittelalter war Bessarabien geschichtlich als ein bedeutender Grenzwall und Korridor für einströmende Völkerschaften von Osten nach West- und Südeuropa und umgekehrt. Auch archäologisch, wegen der zum Teil kilometerlangen seltsamen Erdaufhäufungen seiner „Trajanswälle“ und seinen zahlreichen „Kurganhügeln“, (Begräbnisstätten von Pferden und Menschen) war Bessarabien einer der interessantesten „Wimpel der Welt“.

Grenzland Bessarabien

zwischen mit den Flüssen „ Dnjestr und Pruth“. Als Karpatenausläufer ist Nordbessarabien eine Hochebene und liegt auf durchschnittlich 400 Metern über dem Meeresspiegel. Nordbessarabien zeigt sich mit einem beeindruckenden und abwechslungsreichen Landschaftsbild. Es besticht mit seinen kleinen Eichen- und

Landschaft Bessarabien, Eichendorf

Landschaft Bessarabien, Moldawien Eichendorf

Buchenwäldern und seinen tiefen Schluchten. Zu damaliger Zeit erstreckten sich die Buchenwälder bis nach Mittelbessarabien hinein. Südbessarabien liegt auf auf einer Höhe von 200 Metern über dem Meeresspiegel und ist ein flachwelliges Hügelland ohne Baumbestand. Über ein Dreieck, aus dem

Landschaft Bessarabien

Landschaft Bessarabien

Tatarischen wird es Winkel genannt, zeigt sich Südbessarabien in dieser Linienform von Bender nach Akkerman bis Ismail. Dieser Winkel in Südbessarabien wurde „Budschak“ genannt. Der Budschak war das erste Siedlungsgebiet für unsere deutschen Einwanderer in Süd-Russland ab dem Jahre 1814, mit den Gründungen der ersten 25 Mutterkolonien.

Wilde, unberührte Steppe

Von einer sagenumwobenen und mannshohen Steppe, wurden unsere Bessarabiendeutschen Urväter zur Dorfgründung empfangen. Wenn man einmal davon absah, welche Herausforderungen auf die Kolonisten warteten, war man von der Kraft und Schönheit dieser Natur überwältigt! So weit das Augenlicht in den blauen Horizont

Landschaft Bessarabien

Landschaft Bessarabien

reichte, eröffneten sich ihm leuchtende Wogen wilden Grases, mit unzähligen Blumen und einer Vielzahl an Vogelstimmen. Eine weitausladende, wellige und kraftvolle Steppe, am Tage und bei Nacht. Des Nachts ein hell erleuchteter Himmel mit Millionen von funkelten Sternen, zum Greifen nah!

Des Bauern Lohn

Diese wilde unberührte Steppe, zwischen Pruth und Dnjester, hatte noch niemals einen Pflug gesehen. Unter dem

Schwarzmeer-Erde Bessarabien

Schwarzmeer – Erde, Bessarabien

wilden Steppengras ruhte im Verborgenem eine bis zu zwei Meter dicke Schicht fruchtbarer Schwarzerde, mit einem Humusgehalt von drei bis zu sieben Prozent! Das Urbarmachen dieser Erde sollte unseren Vorfahren erst zum Fluch und dann zum Segen gedeihen.

Wenn schneereiche Winter und sanfte Niederschläge im frühen Sommer dem Samen die notwendige Feuchtigkeit schenkten, bekamen die Bauern ihren Lohn, für alle ihre Mühen. Diese, „ihre kostbare Schwarzerde“ war der wahre Reichtum Bessarabiens, „ihrer Wahlheimat“!

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Bessarabien 1916

Bessarabien-1916. Tief berührt, mit roten Wangen und großen staunenden Augen lauschte ich im Alter von zwölf Jahren einer Erzählung meiner Familie in unserem Zuhause in Niedersachsen, die sich 1916 in Bessarabien an Weihnachten ereignet hatte.  Dieses Weihnachtswunder geschah in der Jahreswende 1916 / 1917, kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges in Bessarabien.

Einführung in die Geschehnisse

Seit der Aufhebung vom Militärdienst im Jahre 1874 mussten die deutschen Kolonisten für den russischen Zaren in den Krieg ziehen. Zahllose deutsche Männer und Söhne kämpften an der russischen Front.(S. Privilegien unter:) https://www.bessarabien.blog/privilegien/ Mit der Kriegserklärung Deutschlands an Russland, am 1. August 1914 wurden die Deutschen Ethnien in Russland über Nacht zum Staatsfeind und zu Kollaborateuren, Spionen und Verrätern erklärt. Unter diesem Deutschenhass und Neid litten neben den Soldaten ebenso die daheimgebliebenen Frauen, Kinder und die Betagten. Unerträglich wurde das Leben der deutschen Kolonisten in Russland.

Feinde des Zarenreiches

Mit dem Verbot der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit, einem Versammlungsverbot von mehr als zwei deutschen Männern innerhalb und außerhalb ihrer Wohnungen, Schließung ihrer deutschen Schulen ab 14. Juli 1914, Enteignung und Zwangsverkauf ihres Grundbesitzes durch das II. Liquidationsgesetz, Verbot ihrer Muttersprache in der Gottesdienstpredigt und einem Leseverbot deutscher Zeitungen und Bücher, wurden sie zu Staatsfeinden im Zarenreich. Wiedersetzungen wurden mit hohen Geldstrafen, durch stationierte russische Beamte geandet. Dieses alles waren jedoch nur Vorboten auf das Unbegreifliche was den Bessarabiendeutschen noch bevorstand.

Deportation nach Sibirien, im Januar 1917

Die Deportation der Bessarabiendeutschen nach Sibirien wurde für den Januar 1917 beschlossen und die Besitzurkunden unserer Vorfahren eingezogen. Für die Zwangsevakuierung und den Abtransport nach Sibirien wurden Gütereisenbahnwaggons in den Bahnhöfen der deutschen Kolonien bereitgestellt. Mit leeren Händen waren sie vor 100 Jahren in die wilde Steppe Bessarabiens gerufen worden und mit leeren Händen sollten sie ihre „so lieb gewordene Heimat“ wieder verlassen. In dieser Tragik lag ein grenzenloser Schmerz und ein schier unerträgliches Leid.

Bessarabien 1916: Ein allerletztes gemeinsames Weihnachtfest

Jesus Christus

Unfassbar, ein allerletztes Weihnachtsfest sollten sie noch in der Gemeinschaft ihrer bessarabiendeutschen Brüder und Schwestern feiern dürfen. In diesem Leid bereiteten sie sich auf das letzte Weihnachtsfest vor. Am „Heiligen Abend“ des 24. Dezember 1916, versammelten sich alle Kolonisten in ihren Kirchen und beteten ihren ganzen Schmerz himmelwärts. Tränen flossen in Strömen und ihre Gebete erhoben sich zu Gott. Es war das schmerzlichste und größte Weihnachtsfest in der Geschichte Bessarabiens. Fest im Glauben und mit leeren Händen standen sie vor dem Kreuz Jesus Christus. Hier brach sich ihr Schmerz seine Bahnen zum Höchsten. In seine Hände befohlen sie ihren Geist. In Hoffnung und tiefem Glauben an Gott und Jesus Christus feierten sie das letzte Weihnachtsevangelium in Bessarabien.

Gott erhörte ihre Gebete

Gott erhörte ihre Gebete, ließ ein Wunder geschehen und errettete seine Kinder vor der Verbannung nach Sibirien. Und so geschah es: Um Mitternacht des 24. auf den 25. Dezember 1916 in Bessarabien, begann es zu schneien. Es schneite stunden-, tage-, und wochenlang. Es wollte gar nicht aufhören! Ihre Häuser versanken in den Schneemassen. Alle Dörfer waren voneinander abgeschnitten und ein Durchkommen unmöglich. Dieses Wunder Gottes hielt bis Ende Februar 1917 an. Die Eisenbahnwaggons waren völlig eingeschneit und der Zeitraum für die Evakuierung überschritten.

Im Februar brach die VI. russische Armee zusammen. Die ausgehungerten und waffenlosen Krieger traten den Rückzug an. Sie fanden Unterschlupf in den leeren und zur Evakuierung bereitgestellten Güterwagen und wurden zudem in den deutschen Kolonien, in ihren warmen Stuben, mit Kleidung und Nahrung versorgt.

Durch die russische Revolution im März 1917 und das Abdanken Nikolaus II wurde das Zarenreich aufgelöst. Erst jetzt konnten die Deutschen in Bessarabien nach langen und bangen Monaten der Ungewissheit „wieder aufatmen“. Sie erhielten ihre Besitzurkunden zurück und durften bleiben. Dieses Gotteswunder geschah Weihnachten in Bessarabien 1916. Und Wunder geschehen täglich auf der ganzen Welt. Wir müssen nur daran glauben und sie sehen wollen.

Gesegnete Weihnachten

Ihre Christa Hilpert-Kuch

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Kindheitsträume

Kindheitstraeume der ersten Lebensjahre in Bessarabien.Wohlbehütet in der Kinderplacht

Kindheitstraeume in den Kolonistenfamilien in Bessarabien. Eltern und Großeltern hatten in Bessarabien ein zuversichtliches Lebensgefühl. Der Sinn des Lebens war durch ihren Glauben und die bäuerlichen Verhältnisse geprägt. Diese Grundwerte übertrugen sie auch auf ihre Kinder und die Jugendlichen.

In den Kolonistenfamilien war Kinderreichtum ein natürlicher Wunsch. Getragen und gehalten, fest gewickelt in eine Placht, am Herzschlag der Mutterbrust, erlebte der Säugling die göttliche Ordnung im Rhythmus, der Nähe und Zuneigung der Mutter. So konnte auf diese Weise eine enge Mutter- Kind-Bindung entstehen und entscheidend zur Festigung eines gesunden Urvertrauens beitragen. In einer klaren Rollenverteilung, waren der Haushalt und die Kindererziehung reine Frauensache. War das Kleinkind von der Mutterbrust entwöhnt, wurde überwiegend die Betreuung durch die älteren Geschwister übernommen. Kindergärten waren nur in ganz wenigen Kolonien vorhanden. Ebenso verhielt es sich mit der Kleidung der älteren Geschwister, in welche die jüngeren nach und nach hineinwuchsen. Auch das selbst gefertigte Spielzeug wurde durch die verschiedenen Altersstufen in der Kinderschar weitergegeben. In ihren unbeschwerten Kindheitstagen streunten die Kleinkinder barfuß an den langen Sommertagen auf den Höfen mit der Sommerküche, dem Garten oder in der Umgebung umher. Badevergnügen am SteppenflussZu ihren Kindheitsträumen gehörte auch eine heile Tier- und Pflanzenvielfalt. Heller und bunter Vogelgesang, Schilfrohr, Binsen und Hartgräser an Bächen und Tümpel, lieferten inmitten einer intakten Natur, reichlich sinnvolle Entwicklungsspielräume. An heißen Sommertagen boten die Steppenflüsse mit ihren breiten Ufern an den Kolonistendörfern, allerlei Vergnügen für jung und alt.

Das Gänsehüten

Zu einer der schönsten Erinnerung vergangener Kindheitsträume gehörte auch das sorgenfreie Gänsehüten. Es war eine der ersten Aufgaben des Kindes und diese war gleichsam mit großer Freude und Spaß verbunden. Denn für die auf der Gänseweide zusammenkommenden Buben und Mädchen, war es mit allerlei Kinderspielen, wie z. B. der „Sauhirt“, u. v. m. verbunden. Ganz nebenbei bereitete es häufig große Mühe, die auf Wanderschaft bedachten Gänsemütter mit ihren Küken in der Nähe zu halten. Gern erinnert man sich an die vielen Akazienbäume mit ihrem wohlschmeckendem Blütennektar. Weitere beliebte Köstlichkeiten des Sommers und auch ein Ersatz für Süßigkeiten boten die ausgegrabenen Süßholzwurzeln, ein Stückchen Zuckerrohr, verschiedene Früchte aus dem Sommergarten wie u. a. die vollreifen Aprikosen, oder die allersüßesten Melonen. Gerade die „Arbusen“ hatten es den Kindern angetan und wurden gegessen, bis der Bauch sich wölbte. Ebenso waren die von den Dächern herabhängenden Eiszapfen im Winter ebenfalls begehrter Zeitvertreib und diente als Lutschstange.

Die wichtigste Mahlzeit des Tages war das Mittagessen der ganz selbstverständlichen bessarabischen Bio-Küche- ohne lange Transportwege. Auf diese kulinarischen und saisonalen Besonderheiten eines gemeinsamen Mahles freute sich die ganze Großfamilie. Die Nahrung war ohne Düngung und frei von jeglichen Zusätzen. Eine einzigartige Mischung, aus dem Schwäbischen, Russischen, Ukrainischen, Rumänischen und anderen fremdstämmigen Mitbewohnern. Ihre Weizenfelder füllten ihre Mehltruhen und die Geflügel und Haustierhaltung versorgte die Familie mit Eiern, Milch und Fleisch. Waren Verwandte zu Besuch auf dem bäuerlichen Hofe, fand sich die Kinderschar glücklich und zufrieden an den separaten sogenannten „Katzentischen“

zum gemeinsamen Mahl. Welch eine Freude…..!

Aus den Überlieferungen der Generationen in Bessarabien,

hatten die Kinder zu gehorchen, sich brav und ruhig zu verhalten und nicht den arbeitenden Erwachsenen im Wege herumzustehen. Durch die patriarchalische Ordnung, in der die Deutschen in Bessarabien lebten, geprägt von harter Arbeit und Sparsamkeit, erfuhr die Kinderschar „vom Vadder“ , durch seine harte Hand und oft viel zu früh, eine Vorbereitung auf ihre zukünftige Lebenswirklichkeit. Auch heute noch sprechen die betagten Alten über ihre unbeschwerten Kindheitstage in der alten Heimat, insbesondere im Vorschulalter. Mit verträumten Blicken beginnen sie zu schwärmen und lassen ihre Kindheitsträume wieder aufleben. Oft heißt es dann: „Was hatten wir doch für eine wunderschöne Kindheit in Bessarabien. Und diese tief verwurzelten Erinnerungen hätten sie stets begleitet und durch viele Höhen und Tiefen ihrs Lebens getragen“.

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Erinnerungskultur

ALT ELFT UND NEU ELFT

Alt-Elft Oberdorf mit einer 40 Meter breiten HauptstraßeErinnerungskultur – Alt und Neu Elft. Als deutsche Auswanderer zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts nach Bessarabien am Schwarzen Meer zogen, erfolgten die ersten Ansiedlungen im südlichen Teil Russlands , dem sogenannten Budschak. Diese neuen Kolonien wurden bei Gründung ab dem Jahre 1814 nach Zahlen benannt. So wurde im Jahre 1816 auf der Gemarkung Nummer 11 im Kogälniktal, die „Kolonie Alt- mit Neu Elft“ gegründet.

Erinnerungskultur Bessarabien

Auf Befehl des Zaren erhielt die Kolonie Nummer 11 den Namen „Fere-Champenoise I/ Sadove“. Dieser Name erinnerte an die große Schlacht Napoleons gegen die Westarmeen Preußens, Russlands und Österreichs, die damals Napoleon nach Fere-Champenoise in Frankreich zurückdrängten. Die ersten 126 Ansiedlerfamilien stellten sich allerdings gegen den Wunsch des Zaren Alexander I und forderten erfolgreich den Namen Alt- und Neu Elft zurück.

BESTES LAND UNTER MANNSHOHEM STEPPENGRAS

Da ihre fruchtbaren Felder und Weideflächen in südöstlicher Richtung zu weit entfernt lagen, wurde die Gemeinde geteilt. So konnten beschwerliche und zeitraubende Wege umgangen werden. Die Teilung Alt Elfts wurde über die geraden und ungeraden Hausnummern entschieden. Bewohner mit geraden Hausnummern wie 2, 4, 6…, wurden daraufhin nach einem Beschluss einer Bürgerversammlung ausgewählt „Alt Elft“ wieder zu verlassen.

Erinnerungskultur Bessarabien

Die nur kurz zur Ruhe gekommenen Ankömmlinge mussten sich schweren Herzens aus der Gemeinschaft lösen. Voller Trauer verließen sie die Kolonie. Ein schmaler Weg über eine Anhöhe führte den kleinen Treck in das dahinterliegende Tal mit dem Steppenflüsschen „Alliaga“ – nach „Neu-Elft“. Ihr neues Siedlungsland lag nur einen Steinwurf und durch einen Hügel getrennt von Alt-Elft.

Bei der Urbarmachung ihres Siedlungslandes erfuhren die Siedler große Entbehrungen und Leid auf allen Ebenen ihres Lebens. Hohe Verluste durch Missernten folgten in den Jahren 1823, 1830, 1867, 1899 und 1904 und eine der stärksten Heuschreckenplage im Jahre 1875.

Erdhütten boten Schutz vor Kälte

Ihren ersten Erdhütten folgten bald menschenwürdige Behausungen aus Lehmbatzen, Schilf und Rohr. Diese bildeten den Übergang zu den später stattlichen und massiven Häusern aus Muschelkalk. Mit großem Eifer widmeten sich die Bewohner Alt- und Neu-Elfts ihrem Haupterwerb, der Landwirtschaft.

Schnell erkannten sie in dem fruchtbaren Boden unter der wilden Steppe und der sonnigen und besonderen Hanglage ihre Chance für den Weinbau und Obstanbau. Bis 1848 legten die Bewohner beträchtliche Weingärten mit 155 000 Weinstöcken an und ebenso rasch erfolgte der Aufbau großer Obstplantagen mit Apfel, Pflaumen, Aprikosen, Nuss, Birnen, Kirsch, Pfirsich und Maulbeerbäumen. Mit ihren wohl best gepflegten Obstgärten und einer so geschlossenen Dorfgemeinschaft, gelang es ihnen herausragende Weine aus besten Trauben bis in das innere Russlands zu führen und zu einer wichtigen Einnahmequelle zu machen.

Mit tüchtigen Handwerkern insbesondere für die Landwirtschaft, einer Dampfmühle, zwei Windmühlen, einer Ölmühle, einer Genossenschafts- und Privatmolkerei, u.a. Leitermacher (Wagenleitern), Schuster, Metzger, Steinmetzen, Schneider, sowie einer Holzhandlung trugen sie im wirtschaftlichen sowie industriellen Zweig zu einer guten Infrastruktur bei. Gleichfalls entwickelte sich in den beiden Gemeinden neben einem Bläser- und Kirchenchor, ein Frauen- und Bildungsverein und zwei Sportplätze.

Eine mächtige Kirche mit 800 Sitzplätzen war die Zierde ihres Dorfes

Erinnerungskultur: Alt-und Neu-Elft war eine sehr lebendige Kirchengemeinde. In den Jahren 1894 bis 1896 erfolgte ein neuer großer Kirchenbau, mit einer Einweihungsfeier am 6. Oktober 1896. An den Sonntagnachmittagen wurden in sechs Versammlungen Gebetsstunden abgehalten. Auch rege Jugendgemeinschaften nahmen an den Stunden- und Gottesdiensten teil. Dieser Gemeinschaftssinn führte zur Erweckung zahlreicher Gemeindeglieder. Darunter viele Jugendliche. Gleich nahe der Kirche, auf der gegenüberliegenden 40 m breiten Straßenseite, befand sich das neue Rathaus und das neue Schulhaus für 300 Schüler mit den Lehrerwohnungen.

Neu-Elft entwickelte sich zu einer Vorzeigegemeinde von besonderem Niveau und war später „Alt-Elft“ in jeglicher Hinsicht weit überlegen. Gegenüber allen anderen Siedlungsgemeinden bildete sich hier eine herausragende Besonderheit ihrer ureigenen Mundart aus schwäbisch, hochdeutsch und plattdeutsch. Nach Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1874 und besonders auch um und nach der Jahrhundertwende, setzten Auswanderungswellen nach Übersee ein.

Beinahe unverändert: Die Schule Alt-Elft im Jahre 2015 bei meinem Besuch (oben) und siehe unteres Bild – vor der Umsiedlung

 
Im Jahre 2015 führte mich, Christa Hilpert-Kuch,  mein Weg quer durch Bessarabien und auch zu diesen beiden Gemeinden, Alt- und Neu Elt. Im Dorfmittelpunkt finde ich den hohen Kirchturm der ehemaligen Kirche abgetragen und im Korpus das heutige Kulturhaus in seiner Verwendung. Im Inneren probte gerade ein Kinderchor für eine Theateraufführung. Bei meinem Besuch im Jahre 2015, war beinahe jedes Haus noch so gut erhalten, wie es einmal von den Deutschen Bewohnern aus Muschelkalkstein errichtet wurde.

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Gesellschaftliche Stellung der Frauen in Bessarabien

Bauernhaus in Lichtental gesellschaftliche-stellung-der-frauen-in-bessarabien.   Wie war die gesellschaftliche Stellung der Kolonistenfrauen? Welche Rolle nahmen die Bäuerinnen in der 125-jährigen Siedlungsgeschichte in Bessarabien ein? Definierten sie sich nur über das Weben, Stricken oder Nähen? Oder waren sie nur einfach, schlicht und fromm?

Christina Kuch, Eltern Volz+Breitmeier27.5.1887, Großmutter von Christa Hilpert-Kuch Weit über dieses hinaus bekannten sie sich getreu und voller Pflichterfüllung zu ihrem eigenen Volkstum und zu ihrer Rolle als getreue Ehefrau, Hausfrau aber vorrangig als Mutter großer Kinderscharen, von bis zu zehn Kindern und mehr. In reiner Pflichterfüllung und Unterordnung war ihr Leben auf ihren Ehemann ausgerichtet. Ebenfalls sehr ernst nahmen sie die Verpflichtungen ihre Kinder zu gläubigen, fleißigen und rechtschaffenden Menschen zu erziehen. gesellschaftliche-stellung-der-frauen-in-bessarabien.  Kinderreichtum war demzufolge in Bessarabien mit eigenen Arbeitskräften gleichzusetzen.  -Obendrein sahen sie ihre fortwährenden Schwangerschaften, „ohne zu klagen“, als Segnung Gottes und als Notwendigkeit im Kreislauf der Zeit bedingungslos an. gesellschaftliche-stellung-der-frauen-in-bessarabien.  Beten, danken und arbeiten“ bestimmten ihren Tagesablauf – weit über Haus, Garten und Hof hinaus.               


Frauen auf dem Feld in Brienne

Abgesehen von einer Minderheit bäuerlicher Betriebe, welche sich wirtschaftlich Dienstboten und Knechte erlauben konnten, musste die Mehrheit der Frauen, auch noch hochschwanger bis kurz vor dem Geburtstermin zur Saat- und Erntezeit, harte Männerarbeit auf den Feldern leisten. Durch ihre vielen Geburten, ohne ärztliche Versorgung, war die Sterblichkeitsrate der Ehefrauen und auch die der Kleinkinder entsprechend hoch. Im Folgenden blieben viele Kinder als Halbwaise – oder Vollwaise durch einen ebenfalls frühen Tod des Vaters zurück. Die hinterbliebenen Kinder wurden auf die Verwandten verteilt oder fielen einer Stiefmutter durch eine rasche Heirat des Vaters zum Opfer.   —Natürlich gab es auch Stiefmütter die sich liebevoll um die Kinder ihres neuen Ehemannes kümmerten.

          Heirat ohne Zwang

Immerhin wurde in Bessarabien keine Frau zur Heirat gezwungen. Sie hatte die Qual der Wahl:  – Entweder als Unverheiratete gesellschaftlich nicht zu existieren oder kindergebärend arbeiten bis zum Umfallen und dabei mittel- und rechtlos, aber an der Seite eines Mannes zu leben. Denn mit ihrer Heirat begab sich die Kolonistenfrau aus der Abhängigkeit ihres Elternhauses, freiwillig und direkt, in die eines in der Mehrzahl despotischen bessarabiendeutschen Mannes.

Infolge der Heiratsurkunde erging auch sogleich ihre elterliche Mitgift an das Vermögen des Gatten über. Sie selbst blieb in dieser Ehegemeinschaft „mittel- und rechtlos“!

Aug um Aug

standen die Kolonistenfrauen treu zu ihrem Volkstum und erkannten mit dem Einverständnis zur Ehe auch ihre große, entscheidende Rolle zu allem Geschehen in Bessarabien.  –Mit ihrem Fleiß, ihrer Körperkraft und ihren seelischen Stärken, beteiligten sie sich am Mehren des Wohlstandes ihrer großen Familie.

Unermüdlich bewegten sie sich in einem selbstlosen und überlebenswichtigen Einsatz zur bessarabiendeutschen Gemeinschaft. Neben der Hauswirtschaft mit Blumen-,Gemüse-,Obstgarten; dem Verarbeiten und Fermentieren von Obst und Gemüsesorten für den Winter; dem Brotbacken und Essen kochen für ihre großen Familien – auch in der beliebten Sommerküche; dem Wäschewaschen; am Spinnrad; dem Webstuhl; der Strick- und Näharbeit für die ganze Familie und für die Ausstattung im Haushalt; der mütterlichen Fürsorge für die große Kinderschar oder auf dem Dreschplatz, widmeten sie sich zusätzlich der umfangreichen Geflügel- und Schweinezucht sowie ihrer Molkereiwirtschaft. 

Bauerngehöft mit SchöpfbrunnenFrauen bei der Herstellung von Lehmziegel/Batzen

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 (Die Bäuerin hatte es im Winter umso schwerer)

Jeder Tag der Bäuerinnen war von morgens früh, bis abends spät, angefüllt mit wichtigen und lebenserhaltenden Aufgaben. Von ihrer Gesundheit und Schaffenskraft hing der Wohlstand ihrer Familie ab. Aber auch ihr eigenes gesellschaftliches Ansehen erwuchs darüber hinaus, innerhalb ihrer Kolonistengemeinde.

Dieses erfüllte sie mit einem besonderem Stolz und es war ein verdienter Lohn für alle ihre Einsätze und Mühen.

Die gesellschaftliche Pflege über ihre Familie zu Freunden, Nachbarn und Verwandten waren für sie wichtige Kraftquellen. Für das gesellige Miteinander musste immer eine Zeitreserve bleiben.

Sprachlos über diese für mich „wahren Heldinnen der bessarabiendeutschen Siedlungsgeschichte“ verneige ich mich voller Hochachtung und frage ich mich:

Wie war es ihnen noch gelungen auf dem Hofbänkle an der langen Chaussee, ein Stündchen schwätzend mit dem Ehemann oder einer Nachbarin, zu verweilen?“

Christina Kuch, Eltern Volz+Breitmeier27.5.1887, Großmutter von Christa Hilpert-KuchChristine Kuch, geb. am 27.05.1887

Brienne/Bessarabien

Eltern: Katharina Breitmeier u.

Joh. Volz/

Großmutter von: Christa Hilpert-Kuch                     

Foto:1940 im Lager

 

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Dahoam – mit Pudelkapp und Fell-Gamaschen

Dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamschen

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Kalt war der Winter „Dahoam in Bessarabien“. Soweit das Auge reichte zeigte er sich in einem schneeweißen Kleide. Über Wochen bedeckte eine dicke Schneedecke die weite Steppe. Dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen, in den deutschen Kolonien Bessarabiens. Die breiten und langen Chausseen in den Dörfern boten dem eisigen Wind einen kraftvollen Atem. Ungestüm pfiff er den Menschen unter ihrer wärmenden Pudelkapp um die Ohren.  Den Menschen rieb er rote Wangen ins Gesicht. Diese Färbung wurde allgemein als gesunde Gesichtsfarbe gedeutet, besonders wenn noch ein dicker Pelz den Körper warm umhüllte. Für trockene

warme Füße und Beine, sorgten lange Fell-Gamaschen über dem Schuhwerk. Sie boten Schutz vor Frost und Schnee.

Dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen.

Viel zu hart war die Arbeit innerhalb des Jahres und nun wo die Feldarbeit ruhte, konnte sich der Bauer eine kurze Atempause gönnen. Besonders hingebungsvoll widmete er sich jetzt mit einer besonderen Fellpflege „seinen geliebten Pferden“. Sie waren seine „treuesten Freunde“ und wurden von ihm mit bestem Futter versorgt. Nach getaner Stallarbeit hatte er Zeit und Muße sich im Laufe des Tages mit seinen Freunden, Nachbarn und Bekannten auszutauschen.

Mit Pudelkapp und Fell-Gamaschen

fühlte er sich dem stärksten Schneesturm gewachsen. Bei seinen Besuchen erfuhr er Neuigkeiten aus der Gemeinde, tauschte sich über die Bearbeitung seines Ackerbodens aus oder erfuhr die neuesten Meldungen der soeben eingetroffenen Zeitung. Es wurde diskutiert und ausgetauscht. Und um die Freizeit so richtig zu genießen, zeigte sich die Bauer einer Einladung gegenüber einem guten Tropfen Wein, nur selten abgeneigt. Es konnte geschehen, dass bei dieser Gelegenheit Zeit und Raum und die wartenden Lieben „Dahoam“ vergessen wurden.

dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen

dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen                             Einen guten Vorrat besten Weines, aus dem eigenen Weinberg, konnte jedes bäuerliche Anwesen sein Eigen nennen. In großen Fässern lagerte der Wein in ihren tiefen Außenkellern und wartete auf die Verkostung. Damit bestens versorgt, durfte der Winter auch mal gern etwas länger dauern. Diese Annehmlichkeiten der Winterzeit entschädigten so manchen Bauern für die großen Anstrengungen und Entbehrungen, der vergangenen Monate.

Dahoam-mit-Pudelkapp-und-fell-gamaschen.

Die Bäuerin hatte es im Winter umso schwerer

mit ihrer Großfamilie. Die Fertigstellung einiger Arbeiten während des laufenden Jahres, mussten aus Zeitmangel auf die Wintermonate verschoben werden. Zu den ohnehin täglichen Aufgaben wie das Reinemachen, Kochen, Waschen, Flicken und Stricken, gesellte sich in den Wintermonaten das Verarbeiten der Wolle mit Spinnen und Weben u. v. m.  Der gebrochene Flachs und Hanf aus der Sommerernte wartete auf seine Verarbeitung. Das unermüdliche Surren des Spinnrades war im ganzen Haus zu hören. Säcke für die Erntevorräte, Strohsäcke für die große Familie und Plachten für den Dreschplatz mussten gewoben und genäht werden. Fast ununterbrochen lief der in der Küche aufgestellte Webstuhl. Zu den absoluten Pflichten einer Hausfrau in Bessarabien gehörte das Weben. Es war ein lebenserhaltenes  „MUSS“ dieses Handwerk frühestmöglich an die heranwachsende Tochter weiterzugegeben, das Handwerk zu erlernen. Seit dem Sommer warteten Berge an bereits gewaschener Schafwolle auf ihre Veredelung und die unterschiedlichste Verarbeitung. Strickkleidung, Häkelarbeiten, Steppdecken, handgewebte feine Stoffe, Läufer, Fußteppiche und Klöppelarbeiten mussten daraus hergestellt werden. Unermüdlich reihte sich eine Arbeit an die andere.

Die Hände der Bäuerin und Töchter fanden im Winter keine Ruhe.

Bei all ihrem Einsatzes verstanden es die Frauen in Bessarabien dennoch herrliche und unvergessene Winterabende zu arrangieren. Verabredungen, teilweise mit dem Ehemann und dem Spinnrad oder dem Strickzeug unter dem Arm, bei Freunden, Nachbarn und Bekannten wurden am Abend mit gebratzeltem Mais (in heißem Sand gebratene Maiskörner) und beim Sonnenblumenkörnernknacken sehr genossen.  Gred wurd über des und sell“ und vor allen Dingen wurde das eine oder das andere Lied gesungen. So z. B. folgendes: „Ich bin das ganze Jahr vergnügt.….“ etc.. Spätestens, wenn die Uhr dann 22 oder 23 Uhr angezeigte, verabschiedete man sich in dem Bewusstsein  „wieder einen schönen Abend verbracht zu haben“.

Unerschütterlich und getragen von Hoffnung und Glauben, fest verankert in ihrem deutschen Gemeinwesen von „Dahoam, dem Großdeutschenreich“, lebten und arbeiteten die Bessarabiendeutschen in der Fremde, bis zu ihrer Umsiedlung, im Jahre 1940. https://www.facebook.com/christa.hilpert.7

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Bessarabische Spezialitäten- Kochkurse in Verden/Aller weckten wieder großes kulturelles Interesse

Erinnerungskultur: So geschehen wie jedes Jahr an den Freitag-Abenden, sollte es auch im März dieses Jahres weitergehen. ( bessarabische-spezialitaeten-kochkurse-in-verden )

Eine Köstlichkeit der Bessarabischen Küche-gebratene Paprika“

https://www.bessarabien.blog/golubzy-haluschken

Bessarabische Spezialitäten-Kochkurse-in-Verden. Viele Teilnehmer hatten sich auch in 2019, über die Kreisvolkshochschule Verden mit der Dozentin Christa Hilpert-Kuch, zu den alljährlich stattfindenden Kochkursen angemeldet. Mit viel Leidenschaft wurden die Gerichte der Bessarabiendeutschen Kolonistenfrauen zubereitet und so zu einem gemeinsamen Erlebnis.

Wie einst in Bessarabien wurde der Teig geknetet, geschlagen und bearbeitet bis der Schweiß auf die Stirn trat. Einige erkannten jedoch unter Zurhilfenahme elektrischer Küchengeräte den technischen Fortschritt und wetteiferten untereinander in den vier uns zur Verfügung stehenden Küchen. So blieb es nicht aus, dass beim Lachen und Schwätza (Erzählen) das eine oder andere Gericht einen leichten Brandgeruch aufkommen ließ. Die allzu bekannten Speisen Ihrer Großmütter oder Großväter wurden besonders von den jungen Teilnehmern mit Begeisterung nachgekocht.

Erfreulicherweise hatte auch die Enkelkindergeneration großes Interesse an den kulinarischen Lebensgewohnheiten ihrer bessarabien- und dobrudschadeutschen Vorfahren und so nahmen ganze Familien mit ihren Söhnen und Töchtern oder Mütter mit ihren Töchtern an diesem besonderen Kocherlebnis teil.

Diese kulinarische Erinnerung zum Mitmachen und Anschauen, war eine Freude! Da passierte etwas im Inneren der Teilnehmer/Innen. Erinnerungen wurden wach und lebendig. Und waren die Speisen erst einmal serviert, gab es kein Halten. Es musste hier und da, schon ohne große Verzögerung (Fotos oder Erörterungen) mit dem Verzehr begonnen werden. Man hungerte förmlich danach die Erinnerung eigener Familienerlebnisse zu erfühlen und erschmecken. Schweigend und unter einem hin und wieder genussvollem Stöhnen holte die Urheimat Bessarabien alle ein.

Es waren ausnahmslos besondere Teilnehmer am Start und es war mir eine große Freude EUCH alle kennengelernt zu haben.

Ich bedanke mich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aller Kochgruppen dieser Freitagabende und verspreche für das nächste Jahr wieder das gemeinsame Kochen unserer bessarabiendeutschen Nationalspeisen: Strudla und Dampfnudla

Christa Hilpert-Kuch

Diese Fotos gewähren einen kleinen Ausblick auf Teilnehmer der Kochabende.

Sichtlicher Spaß bei der Teigzubereitung

Freude an der gemeinsamen Zubereitung

Bloß nichts anbrennen lassen!

Gleich legen wir so richtig los!


Bei der handwerklichen Zubereitung der Fleischknöpfla!
Konzentriert bei der Arbeit!

Mit Körpereinsatz wird der Teig geschmeidig geknetet

Geschafft! Guten Appetit

Nun heißt es zugreifen!
Mamaliga

Deftige Fleischknöpfla sind eine beliebte Strudla Alternative bei relativem Aufwand

 

Die Fleischknöpfla sind vorbereitet zum Garen
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Bessarabisches Kochbuch
Dampfnudeln-und-Pfeffersoss-Kochbuch-bessarabiendeutsche-Kueche

Dampfnudeln-und-Pfeffersoss-Kochbuch-bessarabiendeutsche-Kueche




Brienne

Brienne – Bessarabien

Christa Hilpert-Kuch am Kogälnik/Brienne, am 10. Dezember 2015

Heimat meiner Eltern und Großeltern

Inmitten eines überwältigenden Ausblicks vom „Brienner Berg“ über die kraftvolle und weite Steppenlandschaft des Budschaks erstreckt sich die Kolonie Brienne am Steppenfluss Kogelnik.

Prächtige Weingärten und fruchtbare Obstgärten rechts und links der breiten Chaussee mit den dahinterliegenden einst weißen aus dem Muschelkalkstein der Brienner Steinbrüche erbauten Häusern. Die weißen Hofmauern prägten einst die Kolonie.

Hof in Brienne

In greifbarer Nähe dahinter nur durch den Kogelnik getrennt liegt im Tale die Nachbarkolonie Arzis. Die häufigen Überschwemmungen des immer wieder über die Ufer tretenden Kogelniks konnten die Brienner im Gegensatz zu den Arzisern unbesorgt aus ihrer Anhöhe betrachten.

Der Name Brienne sowie Arzis leitete sich von den gewonnenen Schlachten durch die Verbündeten gegen Napoleon im Jahre 1812 ab. Unter dem Aufruf Katharina der Großen und Zar Alexander erfolgte im Jahre 1816  die Gründung Briennes, eine baumlose Steppe „Nr. 15“ für die Schwarzmeerdeutschen. Der Notbehelf ihrer Erdhütten wich bald massiven Steinhäusern durch den Abbau im eigenen Steinbruch der Brienner Berge. Die Einnahmen des Steinbruchs für den Hausbau in dieser Kolonie und den unmittelbaren Nachbarorten verhalfen der Gemeinde zu einem guten Einkommen. Lehm bzw. Batzenbauten gehörten in Brienne bald weitestgehend der Vergangenheit an. Ein zwischen vorderer Hofmauer und Wohnhaus angelegtes Blumengärtchen schmückte ihre Häuser.

Jeder Hof hatte eine Größe von 232 m Länge und 47 m Breite. Eine Hof- und Straßenmauer zog sich vor der mehr als 20 Meter breiten Dorf-Chaussee von Hof zu Hof und wurde nur durch die jeweiligen Hofeinfahrten mit verschließbaren Toren unterbrochen. Die Wohnhäuser mit anschließenden Wirtschaftsgebäuden lagen nur einige Meter von der vorderen Hofmauer getrennt. Eine hintere Hofmauer sicherte den Hof vor Eindringlingen. Außerhalb dieser Umzäunung befand sich der Dreschplatz, die Spreuhütte und der Strohschober mit dem Gemüse-, Obst- und Weingarten in evtl. Hanglage Richtung Arzis. Auf jeder Straßenseite der Chaussee begrenzte eine Reihe Akazien einen zwei Meter breiten Bürgersteig. Die etwa zweitausendfünfhundert m lange Dorfstraße, vom Ober- zum Unterende, führte bergab zu dem Russendorf Pawlowka, bergauf in das Schwabendorf Teplitz und über den Berg nach Neu Brienne.

Mit ihrem Steinbruch besaß Brienne 5560 Hektar Land, sodass die ersten 84 Ansiedlerfamilien jeweils 60 Hektar Land erhielten. Die Anhöhe Briennes bot alle Voraussetzungen für guten Obst und Weinanbau aber ebenso spielte die Pferdezucht eine ausschlaggebende Rolle und war oft wirtschaftlich lukrativer als die Landwirtschaft. Man sagt, nur von den Friedenstalern konnte die Pferdezucht übertroffen werden.

Beruflicher Wirkungsort meines Vaters August Kuch,  als Schreiber im Rathaus Brienne

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde durch den wirtschaftlichen Umschwung vom graublauen Steppenrind auf das das Rassevieh eine beträchtliche Neueinnahme verzeichnet. Diese Erneuerung steigerte die Milchproduktion und ebnete den Weg zur Gründung der Molkerei- und Milchgenossenschaft „Danemarka“. Mein Großvater Eduard Schell aus Brienne war im Nebenerwerb als Landwirt Angestellter dieser Molkerei. Aber auch im Handwerk wurde ein wirtschaftlicher Aufschwung verzeichnet. Dreizehn Tischlereien, vier Schmieden, drei Schlosser, acht Schuster, sieben Schneider, sechs Maurer, drei Böttcher, ein Drechsler und ein Uhrmacher wurden im Jahre 1940 in Brienne gezählt. Die zwei Kolonialgeschäfte im Ort gereichten den Briennern insofern, dass man wie selbstverständlich mit einem Gang in den nahegelegenen Marktflecken Arzis alle seine Einkäufe erledigen konnte.

Im Jahre 1839 wurde mit dem Bau einer Kirche begonnen. Durch den Ausbruch der Pest musste der Kirchenbau bis zum Jahre 1849 zwangsläufig gestoppt werden. Die Einweihung dieser Kirche verzögerte sich bis zum Jahre 1852 und war durch die zwischenzeitlich stark angewachsene Bevölkerung schon zu wieder klein. Ein neuer Kirchenbau war finanztechnisch nicht möglich, da die 9000 Rubel aus dem Kirchenbaukapital im Jahre 1904 in ein allen Anforderungen entsprechendes neues und großes Schulgebäude investiert wurden. Ein Erweiterungsbau auf dem Schulhof, die Küster- und Küstergehilfenwohnung, wurde von der Gemeinde im Jahre 1908 fertiggestellt. Erst im Jahre 1934 wurde in Brienne der Grundstein für einen großen und teilweise im gotischen Stil gehaltenen Kirchenneubau gelegt.

Der Rohbau mit den eingesetzten Fenstern war mit 1,5 Millionen Lei abgeschlossen.

Da kam im Jahre 1940 die Umsiedlung…. !

Als Hauptgemeinde gehörte Brienne seit der Gründung des Kirchspiels zu Arzis. Auch heute noch ist die Schule eine Augenweide in der Dorfmitte. Die alten Dielenbretter aus deutscher Zeit, der alte Ofen im Klassenzimmer und der Nuschnik auf dem Schulhof ist deutsche Geschichte. Fleißige Ukrainer sorgten für den Erhalt des wunderschönen Gebäudes unserer Ahnen und gaben ihm einen leuchtenden Anstrich.

Auf einer Anhöhe oberhalb des Gässles liegt der ehemalige deutsche Friedhof. Verborgen zwischen hohem Gestrüpp und Buschwerk befinden sich die Gräber unserer Ahnen. Einige Grabsteine liegen verstreut am Abhang. Über die Jahrzehnte hat die Witterung die Lesbarkeit der Inschrift beeinträchtigt, aber nicht unmöglich gemacht.

Sehr viele Häuser haben durch den soliden Steinbau die Zeit gut überlebt. Mit einem Brienner Ortsplan ist es kein Problem die ehemals deutschen Anwesen den früheren Besitzern zuzuordnen.

Viele Brienner Gesichter nach der Umsiedlung 1940, im Lager in Westpreußen

1940 im Lager, Brienner Bewohner mit meinen Familien-Angehörigen.

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Weiß Monika und Robert Gold-Jubilare

Goldene Hochzeit von Monika und Robert Weiß in Verden-Walle

Das Goldpaar Robert und Monika

Am 30. August 2018 jährte sich der Hochzeitstag der Eheleute Weiss zum 50. Mal.
Unübersehbar wies ein großes Herz im Garten des Hauses Buchhorst 17 auf dieses freudige Ereignis hin.

Weiss Robert und Monika
Zu den Gratulanten dieses offiziellen Jubiläumstages, dem 30. August 2018, gehörten:  Pastor Sogorski von der ev. luth. Kirchengemeinde Verden/Walle, die beiden Töchter Tanja und Britta, Ortsbürgermeister Detlef Peterson, Kai Barlage vom TSV,  vom Bessarabiendeutschen Verein e. V . Stuttgart die Delegierte und das Vorstandsmitglied Christa Hilpert-Kuch, vom Sozialverband Deutschland Regina Pohla und Helga Köster und Helmut Schulz vom Waller Heimatverein.
Ein richtig großes Fest mit Tanz und Livemusik wurde sogleich am anschließenden Wochenende, dem  1. September 2018, im großen Kreis mit der gesamten Familie und Freunden in einer Gastronomie im Landkreis Verden veranstaltet.
Auf meine Frage, wo der 1943 im Kreis Bromberg/Westpreußen geborene Robert Weiß, Sohn der aus Hirtenheim/Bessarabien https://bessarabien.blog/katharina-die-grosse  stammenden Eltern, seine 1946 in Rotenburg/Wümme geborene und spätere Ehefrau Monika kennengelernt habe, antwortete er ganz spontan: „Beim Tanz in den Mai auf dem Lohbergturnier im Jahre 1963. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen ohne Reue in all den Jahren, mit Höhen und Tiefen einer Ehe“.
Die Verlobung fand Pfingsten 1966 mit zügigen Hochzeitsplänen und dem Wunsch zum Bau eines Eigenheimes statt. Und so geschah es auch sehr rasch.
Bereits 1968 war das Haus gebaut, das Aufgebot bestellt und es wurde geheiratet.

Weiss Robert und Monika feierten Goldene Hochzeit

„Es war ein wunderschönes Hochzeitsfest in unserem neuen Haus“ erinnert sich heute das Jubelpaar. Es war der unvergessliche 30. August 1968.
Bereits im Februar 1969 erblickte die erste Tochter Britta und im August 1970 die zweite Tochter Tanja das Licht der Welt.
„Unsere Familie war komplett und das Haus mit Leben gefüllt“, so Monika Weiß.

Im Sommer 1997 feierten die Töchter eine Doppelhochzeit und das heutige Goldpaar konnte fortan das Leben ohne die elterlichen Sorgen um ihre Kinder genießen.
In Tochter Tanjas Familie würde 1998 der erste Enkelsohn „Leon“ geboren. In Tochter Brittas Familie im gleichen Jahr die erste Enkeltochter „Neele“ und im Jahre 2000 der zweite Enkelsohn „Malte“ geboren.

Als Weiss Robert im Jahre 2000  in den Ruhestand ging verwirklichte er einen Plan.

Durch einen Erweiterungsbau schaffte er die Verdopplung seines Eigenheimes und somit neuen Wohnraum für die Familie seiner Tochter Tanja mit dem kleinen Leon.

Großeltern Weiss, Robert und Monika

Der Kleine wuchs zur Freude der stolzen Großeltern in ihrem gemeinsamen Haus in Verden/Walle auf. Wenn Leon aus der Schule kam, lautete seine erste Frage: „Oma, was gibt es heute zu essen?“ Und schon schloss die nächste Frage an: „Opa, was machen wir heute?“
Viel zu schnell verging die Zeit bis sich im Jahre 2011 bei Leon während des Fußballspielens erstmals starke Knieschmerzen bemerkbar machten.
Nach 18 Monaten schweren Kampfes gegen den Krebs ging Leon 10 Tage nach seinem 15. Geburtstag in die Ewigkeit, unfassbar für die Eltern und Großeltern.
Weitere Schicksalsschläge folgten im Februar und März 2013. Der ältere Bruder und die Mutter starben ebenfalls. Innerhalb von sechs Wochen mussten sie die Verabschiedung von drei nahestehenden Familienmitgliedern verkraften.
Aus der Bahn geworfen fand das Ehepaar Robert und Monika Weiß nur langsam zu ihren alten Lebensinhalten zurück.
Heute nehmen sie wieder gern an den bessarabischen Treffen teil. Sie bieten dort wo es Ihnen erlaubt ist, gerne „Moldawische Weine“ an die Besucher der bessarabischen Zusammenkünfte an. Der Erlös geht an ihre Heimatgemeinde Hirtenheim.

Weiss Robert und Monika  –  Wein aus Moldawien

Der Weinverkauf sichert zusätzlich den Erhalt von Arbeitsplätzen im Weinanbauland Moldawien. Für die Heimatgemeinde Hirtenheim in Bessarabien haben sie in den zurückliegenden Jahren oft zu Videoveranstaltungen eingeladen.
Von ihren sechs Reisen nach Bessarabien gibt es unzählige Fotos und Videofilme, die nach den Veranstaltungen besonders von der älteren Generation gern angeschaut wurden, so berichtete Weiß.
Auf meine Frage nach Langeweile im Ruhestand erfahre ich, dass beide gern viel unternehmen, ihren Freundeskreis pflegen und aktiv im Waller TSV und Heimatverein mitmachen. Früher seien sie mit der ganzen Familie mit den Skiern in Österreich, Bayern und Südtirol auf Reisen gewesen. Und jedes Jahr bereisten sie das europäische Ausland. Allein vier Fernreisen unternahmen sie in die USA, Canada und die Karibik.
Die weiteste Reise mit der gesamten Familie war im Frühjahr 2018 eine Rundreise durch Australien, auch begleitet von ihrer für ein Jahr in Australien weilenden Enkeltochter Neele.

„Dann sind da noch der große Garten und das Haus und mar welled des elles arg sche isch“, meinen übereinstimmend Monika und Robert.
Und es ist wirklich alles sehr schön, das kann ich bestätigen!

 

Weiß Robert und Monika mit ihren Töchtern Tanja und Britta

Text und Foto: Christa Hilpert-Kuch

 

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